Seit Monaten ist „Fridays for future“ in allen Munden. Die Angst vor einer düsteren Zukunft treibt Menschen auf die Straßen, vor allem junge Leute.
Als ich noch in Vietnam unter der kommunistischen Regierung lebte, wurde in der Schule oft propagiert: „Der Grundstein für einen 100-Jahres-Plan ist das Züchten von Menschen“. Der ursprüngliche Gedanke stammte eigentlich von Guan Zhong, ein berühmter chinesischer Politiker und Philosoph der Zhanguo-Zeit, die Zeit der Streitenden Reiche (zwischen 475 v. Chr. und 221 v. Chr. ).
Nhất niên chi kế mạc như thụ cốc,
hập niên chi kế mạc như thụ mộc.
Chung thân chi kế mạc như thụ nhân,
Nhất thu nhất hoạch giả, cốc dã.
Nhất thu thập hoạch giả, mộc dã,
Nhất thu bách hoạch giả, nhơn dã.
auf Deutsch etwa:
Willst du einen guten Ein-Jahresplan: pflanze Reis,
Willst du einen guten Zehn-Jahresplan: pflanze Bäume.
Willst du einen guten lebenslangen Plan: pflanze Menschen.
Wer einen Reiskorn sät, wird für eine Ernte belohnt.
Wer einen Baum pflanzt, wird das Zehnfache zurückbekommen.
Wer in einem Mensch investiert, wird das Hundertfache ernten.
Am Samstag war ich beim Sommerfest des Sägewerks „Eigelshoven“ in Würselen, weniger aus Neugier, sondern mehr wegen den beiden Gutscheinen für eine kostenlose Bratwurst und einem freien Getränk.
Es war viel los: Radlager fahren (als Beifahrer versteht sich), Hüpfburg, Menschenkicker, Jenga mit überdimensionalen Holzstücken, Nagelherz basteln, und natürlich Essen und Trinken mit oder ohne Gutschein.
Was mich so wunderte, war die Anzahl von Kindern in Vorschul- und Grundschulalter: es waren relativ viele. Zwar interssierten sie sich eher für den nicht aus Legosteinen gebauten sondern echten, riesengroßen Bagger (Volksmund), als für die offenen Ausbildungstellen für beispielweisen Holzbearbeitungsmechaniker oder Mechatroniker, aber die Begeisterung in ihren Augen war nicht zu übersehen.
Es ist kein Geheimnis, dass Interessenten für Handwerksberufe als Magelware in Deutschland eingestuft sind. Vielleicht liegt es zum Teil daran, dass in der Schule die Fächer wie Handwerken für Jungs, und Nähen, Kochen für Mädchen „out of date“ sind. Kochen? Wozu? An jeder Ecke gibt es Pizza, Burger, Dörner … oder alles was der Magen begehrt als Lieferservice. Es wird nicht mehr repariert, wenn was kaputt ist, sondern einfach weg schmeissen und neu kaufen. Die Jugend von heute denkt an „Fridays for future“ anstatt die kaputte Lampenbirne auszuwechseln (was natürlich nicht möglich ist, da es nur noch Einweg-LED-Lampen „Made in China“ im Umlauf sind).
Zurück zum Sommerfest im Sägewerk „Eigelshoven“ in Würselen.
Zwar sind die Holzklotzen beim Jenga-Spiel anziehender als der nebenstehende Rollup-Banner „Wir bilden aus“, aber wenn man an die Gedanken von Guan Zhong denkt, war das Ganze gar nicht so verkehrt: Wer in einem Mensch investiert, wird das Hundertfache ernten. Vielleicht wird später aus dem Kind, das gerade an sein Nagelherz herum bastelt, ein begabter Holzbearbeitungsmechaniker? You never know. Es war halt „Saturday for future“.
