The world’s mine oyster
The Merry Wives of Windsor, Act 2, Scene 2
Vor Jahren war ich mal in London. Da musste man nur kurz den Grenzbeamten seinen Ausweis vorzeigen und schwuppdiwupp befand man sich im „UnKoordinierten“-Land des UK-Syndroms. Wer glaubt, die Briten sind Linkshändler, irrt sich gewaltig. Denn nicht immer sind die Türen der Busse und U-Bahnen auf der verkehrten Seite, nicht immer geht man auf der linken Spur die Treppe hoch, und beim Essen halten die Briten das Messer auch nicht in der linken Hand. Um das britische Volk vor dem Aussterben beim Verkehrsunfall – verursacht durch das UK-Syndrom – zu schützen, sind auf dem Asphalt solche Beschriftungen zu lesen: look left, look right, look … both ways. Keiner „look at the traffic light“, weil dies durch die Anweisungen der vielen „looks“ sowieso überflüssig ist.
Diesmal standen wir an der Grenzkontrolle in einer serpentinartigen Schlange wie im Disneyland und blickten neidisch auf die leeren ePassport-Gates am Heathrow Airport, denn wer mit dem Passport einreiste, ließ seinen Pass beim Vorbeirauschen einscannen und schwuppdiwupp befand man sich im Land des UK-Syndroms. Hätte wir wissen müssen, spätestens nach Brexit, dass Reisen in die UK mit Reisepass wieder „in“ ist!
Trotz Brexit, bleibt London ein der teuersten Pflaster der Welt. Ich habe auf der Oxford Street 4,95£ für eine Postkarte mit Briefmarke ausgegeben, und anstatt „Sonnige Grüße“ „Teure Grüße aus London“ darauf gekritzelt, damit der Empfänger zu schätzen weiß, wie sehr er mir am Herzen liegt.
Was wäre London ohne Shakespeare? Refashioned für alle mögliche Produkte bei Selfridges, eine weltbekannte Kaufhauskette in Großbritanien: Shakespeare’s Ophelia Düfte, Juliet oder Lady Macbeth’s Hautcreme, Skakespeare’s Krawatte … Die Fensterdekorationen passend zu den berühmten Strophen in seinen Werken waren für mich Window Shopping besonderer Art, ebenso das Schlendern durch SOHO, Bankside-Viertel, St James’s Park, Hyde Park, Greenwich mit der Cutty Sark und der breiten, mit Riesenbäumen abgesteckten „Allee“, die für Radfahrer eine Art Formel-Eins-Piste ist, denn uns war ein Rentner aufgefallen, der den King William Walk immer wieder mit seinem Rennrad bergauf fuhr und das Rad bergrunter schob (warum, wissen wir bis heute leider nicht).
Shakespeare war die ganze Zeit mit uns im Gepäck. Als oyster card.
The Merry Wives of Windsor
Act II. Scene II.
A Room in the Garter Inn.
Enter FALSTAFF and PISTOL.
Fal. I will not lend thee a penny.
Pist. Why, then the world’s mine oyster.
JA, richtig gelesen! Mit der „oyster card“ liegt dir London zu Füssen. Mit der Karte konnten wir alle Sehenswürdigkeiten innerhalb London (Zone 1 und 2) für 6,50£ am Tag abklappern. Und zum Heathrow Airport für nur 9,30£. Der Pfand von 5£ samt Restguthaben spuckte der Automat am Flughafen ohne Beanstandung aus. In Münzen versteht sich, die wir wiederum gegen eine „Meal-Deal“ von 3,99£, bestand aus 2 belegten Sandwiches, einem Getränk und einer kleinen Tüte Kartoffelchips, eintauschten. Für Airport-Verhältnisse spottbillig.
Höhepunkt meines Londoner Trips war der „Rosetta Stone“. Eigentlich wollte der „beste Ehemann von allen“ im British Museum die ägyptische Ausstellung besuchen, dachte ich. Das bedeutete für mich Mumien, Sphinx, Hieroglyphen und dergleichen. Da staunte ich nur, den mit fast wie gedruckten drei Schriften (Hieroglyphen, Demotisch, Altgriechisch) aus dem Jahr 196 v. Chr eingemeißelten Priesterdekret in Augenschein zu bekommen. Foto geschossen, auf Facebook gepostet. Prompt erschien ein „like“ mit dem Kommentar „Now I know why the language course is called Rosetta Stone”. Auch ich habe was dazu gelernt.
Bevor ich vergesse: eigentlich wollten wir unsere „allerliebste Tochter auf der ganzen Welt“ besuchen, die einen 2-monatigen Job bei UENI Limited angenommen hat.